Das Kapitel Roger Schmidt in Leverkusen gehört nun der Vergangenheit an. Nachdem seine Idee schon lange gestorben ist.
Roger Schmidt ist ein Geschichtenerzähler. Schon als er damals im Sommer 2014 zur Werkself kam, verkaufte er seine Idee des Leverkusener Pressings, den starken Verlagerungen und von fulminanten Spielen. Er überraschte, denn sein Start hätte kaum besser sein können. Knapp drei Jahre später hinterlässt er nun die Rückstände dieses Traums. Es reichte nicht für den großen Erfolg, was er zurücklässt sind Auseinandersetzungen mit Schiedsrichtern und Trainerkollegen, verrückte Spiele wie z.B. das 4:5 gegen Wolfsburg, 4:4 gegen den AS Rom oder 4:3 gegen Stuttgart, fantastische Tore, überzeugende Siege gegen Dortmund, Bayern, Tottenham und Zenit St. Petersburg und blamable Pleiten wie gegen die Sportfreunde Lotte. Das was für den neutralen Zuschauer attraktiv und aufregend erschien, führte bald zu einer Ermüdung in den eigenen Reihen.
Auch wenn er ein Talent dafür hatte, andere an seine Idee glauben zu lassen. Die Probleme ließen sich nicht ignorieren. Leichte Konteranfälligkeit, starres System, wo Roger Schmidt zu kaum Flexibilität und Anpassung bereit war, leichte Berechenbarkeit und eine deutliche Schwäche bei Standards. Offensiv sowie defensiv. Viele glaubten bis zuletzt an ihn und dass er wieder einmal die Kurve bekommt und eine Erfolgsserie einleitet. Die jüngere Vergangenheit half ihm dabei, da er bereits letzte Saison mit dem Rücken zur Wand die Kehrtwende schaffte. Diese Geschichte wurde ihm zugleich auch zum Verhängnis. Die Symptome der früheren Krise gleichten der aktuellen Situation.
Doch es gab auch positive Konstanten während seiner Amtszeit. Viele junge Spieler entwickelten sich in einem erheblichen Maße weiter und wurden teils sogar zu Nationalspielern. Er glaubte an Karim Bellarabi, was uns jetzt selbstverständlich erscheint, es damals aber absolut nicht war. Er förderte Jonathan Tah, Julian Brandt und Benjamin Henrichs und entwickelte sie merklich weiter. Nationalspieler sind sie nun alle. Mit Kai Havertz schenkte er einem sehr jungen Spieler sein Vertrauen, eine Handlung, die man zwar zu Anfang nicht immer nachvollziehen konnte, nun aber nicht mehr revidieren würde. Zwar liegt die Entwicklung der Talente nicht immer nur am Trainer, doch er schaffte ein Klima, welches individuelle Leistungssteigerung gut ermöglichte.
Die Trennung war schlussendlich folgerichtig. Leider. Gerne hätte ich eine erfolgreiche Umsetzung seiner Idee gesehen. Doch bei aller Verzweiflung und Frustration, die Roger Schmidt in den letzten Jahren bei mir erzeugte, kommt ein „Danke“ trotzdem mit voller Überzeugung. Wegen der erfolgreichen Saisons, wegen den Momenten und wegen der Entwicklung. Danke Roger und alles Gute für deine Zukunft!
2 Kommentare
KommentierenFür ein bestimmtes Spielsystem benötigt eine Mannschaft und ihr Trainer auch die richtigen Protagonisten und diese hat unsere geliebte Werkself trotz gegensätzlicher Beteuerungen eben nicht. Zumindest nicht um das geforderte Niveau erreichen zu können. Quantität bedeutet nicht gleichzeitig Qualität. Und diese ist nicht auf jeder Position vorhanden.
Auf welcher Position siehst du den größten Bedarf?